Gefährliche Stoffe

Gefährliche Stoffe

Diese Gefahrengruppe ist mit Chemikalien oder Chemische Stoffe überschrieben. Wäre die Bezeichnung dieser Gefahrengruppe wörtlich gemeint, müssten alle vorkommenden Stoffe, also auch z.B. Holz, Metall oder Stein, in dieser Gefahrengruppe berücksichtigt werden, da alle Stoffe aus chemischen Bausteinen bestehen. So ist der Titel "Chemische Stoffe" jedoch nicht gemeint. Gemeint sind vielmehr die gefährlichen Chemikalien, diejenigen chemischen Stoffe also, von denen in der vorliegenden Form gefahren ausgehen. Richtiger wäre es demnach, diese Gefahrengruppe mit "Gefährliche Stoffe" zu überschreiben. Da die Merkhilfe AAAACEEEE für die Gefahren der Einsatzstelle mit dem Buchstaben C für gefährliche Chemikalien leichter zu rekonstruieren ist, soll die Gefahrengruppe für Gefährliche Stoffe aber weiterhin mit C für Chemische Stoffe benannt werden.
Als "gefährlich werden Stoffe bezeichnet, von denen bei unsachgemäßem Umgang Gefahren für Menschen, Tiere, Umwelt oder Sachwerte ausgehen. Da es hier eine große Vielfalt von möglichen Gefahren gibt, ist eine Einteilung entsprechend der Wirkung der gefährlichen Stoffe notwendig.
Wir unterscheiden gefährliche Stoffe nach ihrer Wirkung in:

Die Tatsache allein, dass es diese gefährlichen Stoffe gibt, stellt noch keine Gefahr dar. Erst die Begegnung oder der Umgang, insbesondere der unsachgemäße Umgang, birgt Gefahren. Diese Erkenntnis führt zu der Frage, wo die Begegnung mit gefährlichen Stoffen möglich ist.
Zunächst gibt es den Ort der Entstehung, also die Produktionsstätten für gefährliche Chemikalien. Die Produktion gefährlicher Chemikalien, sei es gewollt als Endprodukt oder ungewollt als Abfallprodukt bei der Herstellung von anderen chemischen Stoffen, ist nicht neu. Die chemische Industrie gibt es seit vielen Jahrzehnten. Das Wissen um und über die Gefährlichkeit der Chemikalien führte hier zu umfangreichen Sicherheitsbestimmungen, die das Arbeiten in den betroffenen Betrieben relativ sicher machen. Für Unfälle gibt es Pläne und entsprechende Verhaltensanweisungen und -hinweise.
Auch die Sicherheitskräfte, die für diese Betriebe zuständig sind, seien es Betriebsangehörige oder öffentliche Feuerwehren, werden in die Informationskette über Verhalten bei Unfällen mit den vorhandenen Chemikalien mit einbezogen. Da die Sicherheitshinweise und Verhaltensanweisungen eng mit dem Produktionsablauf des betreffenden Betriebes zusammenhängen, kann hier keine allgemeingültige Information über das Vorgehen der Feuerwehrkräfte gegeben werden.
Die Allgemeinheit, und damit auch der Angehörige einer Feuerwehr, kommt mit gefährlichen Stoffen im Haushalt, im Vertrieb oder bei deren Transport in Berührung. Aber auch hier ist das Bewußtsein über die entsprechenden Gefahren seit langem vorhanden. Das Wissen um und über die Gefahren beim Umgang mit gefährlichen Stoffen hat zu Gesetzen und Verordnungen zum Schutz der Allgemeinheitvor den Gefahren chemischer Stoffe geführt.
Im folgenden unterscheiden wir, wie der Gesetzgeber, zwei Bereiche der möglichen Begegnung mit gefährlichen Stoffen:

 
1. Lagerung und Handhabung gefährlicher Stoffe sowie
 
2. Transport gefährlicher Stoffe.

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Lagerung und Handhabung gefährlicher Stoffe

Verordnung über gefährliche Stoffe
(Gefahrstoff-Verordnung, GefStoffV)

Die Gefahrstoff-Verordnung befaßt sich mit der Lagerung und dem Umgang, aber auch mit der Produktion und der Vernichtung von gefährlichen Stoffen. Zweck der Gefahrstoff-Verordnung ist der Schutz von Mensch und Umwelt vor der Schädigung, die durch gefährliche Stoffe bei deren Produktion, Lagerung, Umgang und Vernichtung hervorgerufen werden können.
Für den Benutzer im allgemeinen, aber für die Feuerwehr im besonderen, ist die in der Gefahrstoff-Verordnung geforderte Kennzeichnungspflicht von Bedeutung. Demnach muß auf der Verpackung in der Regel folgendes angegeben werden:

giftig sehr giftig gesundheitsschädlich leichtentzündlich hochentzündlich
brandfördernd ätzend reizend explosionsgefährlich umweltgefährdend

Die Gefahrensymbole sind so gestaltet, dass auf den ersten Blick erkennbar ist, welche Gefahr von dem betreffenden Stoff ausgeht. Die zugehörige Gefahrenbezeichnung vervollständigt die sofortige Erfassung der vorliegenden Gefahr. Liegen mehrere Gefahren vor, müssen entsprechend viele Gefahrenzettel angebracht werden. Werden Gefahrstoffe zu Gebinden in einer Verpackung zusammengefaßt, sind auch diese Verpackungen entsprechend zu kennzeichnen, wenn die Gefahrstoffe in dieser Form gelagert werden. Dient die Verpackung lediglich dem Transport, kann die Kennzeichnung der Transportverpackung gemäß der Gefahrstoff-Verordnung entfallen, wenn sie entsprechend der gesetzlichen Bestimmung zum Transport gefährlicher Stoffe gekennzeichnet ist.


Giftige, sehr giftige und gesundheitsschädliche Stoffe

giftig sehr giftig gesundheitsschädlich

Giftige und gesundheitsschädliche Stoffe können selbst in kleinen Mengen gesundheitsgefährdend wirken. Wenn die Produkte schon in kleinen Mengen dauernde Gesundheitsschäden verursachen, sind sie mit "Giftig" gekennzeichnet, die mit "Sehr Giftig" gekennzeichneten Stoffe können tödlich wirken. Sie können durch Einatmen, Verschlucken und auch über die Haut in den Körper gelangen.

Produktbeispiele:

giftig, sehr giftig:
Methanol, Ottokraftstoff
gesundheitsschädlich:
Fleckentferner, Imprägnierspray, Löse- und Reinigungsmittel, Abbeizer, Flussmittel, Kleber, Montageschaum, Kühlerfrostschutz, Diesel, Petroleum

Vorbeugende Schutzmassnahmen:

Berührung mit der Haut vermeiden, Schutzhandschuhe benutzen, möglichst im Freien oder in gut gelüfteten Räumen verwenden. Bei der Arbeit nicht essen, trinken oder rauchen. Nach der Arbeit und nach dem Tanken Hände gründlich waschen.


Leicht- und hochentzündliche Stoffe

leichtentzündlich hochentzündlich

Leichtentzündliche Stoffe können durch eine Flamme, einen Funken oder eine starke Wärmequelle entzündet werden oder sich sogar selbst entzünden. Dies gilt für hochentzündliche Stoffe auch bei Temperaturen unter 0°C.
Durch die feine Verteilung können Spraynebel beim Kontakt mit Flammen wie ein Flammenwerfer wirken (z.B. Haarspray + brennende Zigarette!).

Produktbeispiele:

Kraftstoffe, Petroleum, Terpentin, Aceton, Pinselreiniger, Lösemittel, Enteiser, Klebstoffe

Vorbeugende Schutzmassnahmen:

Entzündliche Stoffe gut verschlossen an einem gut gelüfteten Ort aufbewahren. Vor Hitze, offenem Feuer und Funken schützen und von anderen Zündquellen fernhalten. Beim Umgang keine Kleidung aus Kunstfasern tragen und Feuerlöscher bereit halten.


Brandfördernde Stoffe

brandfördernd

Brandfördernde Stoffe beschleunigen einen Brennvorgang, auch wenn sie selbst nicht brennbar sind.

Produktbeispiele:

Sauerstoff in Gasflaschen, Zündhölzer

Vorbeugende Schutzmassnahmen:

Entzündliche und brandfördernde Stoffe nicht zusammen lagern.


Ätzende und reizende Stoffe

ätzend reizend

Ätzende Stoffe verursachen schwere Hautschäden und greifen auch andere Dinge an, wie in dem Symbol dargestellt wurde. Feuchtigkeit oder Nässe erhöhen die Gefahr. Die wiederholte Berührung von reizenden Gefahrstoffen kann zu Haut- oder Schleimhautentzündungen führen.

Produktbeispiele:

ätzend:
Rohrreiniger, Entkalker, Abbeizmittel, Säuren, Spülmittel für Geschirrspüler
reizend:
Terpentin, Zement, Fliesenkleber, Spachtelmasse, Aceton, Fotochemikalien

Vorbeugende Schutzmassnahmen:

Produkte nur im Originalbehälter mit Sicherheitsverschluss aufbewahren. Beim Umgang Schutzhandschuhe und Schutzbrille tragen, Haut und Augen gegen Spritzer schützen, bei Kontakt mit viel Wasser abwaschen. Nach der Arbeit müssen Gesicht und Hände besonders gründlich gewaschen werden.


Explosive Stoffe

explosionsgefährlich

Eine Explosion ist eine sehr schnell verlaufende Verbrennung. Sie wird durch Stoffeigenschaften, Temperatur und Reaktion mit anderen Materialien durch Stoß oder Reibung beeinflusst.
Bei der Zündung von verdunsteten Kraftstoffen oder Lösemitteln in der Luft spricht man dagegen von einer Verpuffung. Den Betroffenen dürfte dies gleich sein, da die Folgen denen einer Explosion ähneln. Der Hinweis auf diese Art der Gefährdung findet sich oft nur versteckt im EG-Sicherheitsdatenblatt eines Gefahrstoffs.

Produktbeispiele:

Sprengstoffe. Sprühdosen jeder Art bei einer Temperatur oberhalb 50°C – gerade auch leere Behälter – sind "mögliche Bomben": Haarspray, Farbspray, Enteiser

Vorbeugende Schutzmassnahmen:

Vor Überhitzung, Erschütterungen und Sonneneinstrahlung schützen, von Wärmequellen, Leuchten, Heizkörpern u.s.w. fernhalten,

Absolutes Rauchverbot!


Umweltgefährdende Stoffe

umweltgefährdend

Stoffe, die sehr giftig für Wasserlebewesen, giftig für einen Teil der Tierwelt sowie für den Abbau der Ozonschicht verantwortlich sind.

Produktbeispiele:

Pestizide, FCKW, Harzanteil von Zweikomponentenklebern

Vorbeugende Schutzmassnahmen:

Belastung der Umwelt durch ordnungsgemäße Lagerung vermeiden; Produkte und deren Rückstände als gefährlichen bzw. besonders gefährlichen Abfall entsorgen (Umweltbrummi, Sondermüll).


Sonstige gefährliche Stoffe

Darüber hinaus gibt es Gefährdungen, für die es einen Warntext, aber kein Symbol gibt. Beim Einatmen, Verschlucken oder bei Aufnahme über die Haut sind Gefahrstoffe:

sensibilisierend,
wenn Überempfindlichkeitsreaktionen hervorgerufen werden, sodass bei erneutem Kontakt Gesundheitsstörungen auftreten.
krebserzeugend,
wenn sie Krebs erregen oder die Krebshäufigkeit erhöhen können.
fortpflanzungsgefährdend,
wenn sie nicht vererbbare Schäden der Nachkommenschaft hervorrufen, deren Häufigkeit erhöhen oder eine Beeinträchtigung der männlichen oder weiblichen Fortpflanzungsfähigkeiten zur Folge haben können.
erbgutverändernd,
wenn sie vererbbare genetische Schäden verursachen oder deren Häufigkeit erhöhen können.

Gefahrstoffe sind auch solche Produkte, die explosionsfähig sind: Sie verbrennen mit Luft gemischt nach einer Zündung selbsttätig mit einem sprunghaften Druck- und Temperaturanstieg. Hier seien als Beispiel Holz-, Mehl- oder Kohlenstaub genannt. Gefährlicher sind flüssige entzündliche Gefahrstoffe nach dem Verdunsten. Ein zündfähiges Gemisch entsteht beispielsweise schon durch einen Tropfen Benzin in einem luftgefüllten und verschlossenen Halblitergefäß. Beim sorglosen Umgang z.B. mit Spiritus reicht der Funke an einer Klingel, um eine Wohnung in die Luft zu jagen.

Andauernde Gesundheitsschäden können bei längerer Einwirkung auch durch Gase hervorgerufen werden, die bisher noch nicht genannt wurden. Der längere Aufenthalt in einer sauerstoffarmen Atmosphäre (die von den Betroffenen nicht wahrgenommen wird) kann zum Tode führen. Dies geschieht, wenn der Atemsauerstoff durch andere Gase verdrängt wird, beispielsweise durch Stickstoff oder Kohlendioxid in Brandlöschanlagen oder durch Faulgase in landwirtschaftlichen Silos oder in unterirdischen Kabelschächten. Deshalb werden meist vorsichtshalber auch für Orte, an denen diese Gase vorkommen können, Betriebsanweisungen erstellt.

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Transport gefährlicher Güter

Wenn gefährliche Stoffe transportiert werden, bezeichnet man sie als gefährliche Güter. Von den über 400 Millionen Tonnen Gefahrgütern, die in Deutschland jährlich transportiert werden, erreichen über 60 Prozent ihren Bestimmungsort über den Transportweg Strasse. Der Rest wird über die Schiene, auf dem Wasser und in der Luft transportiert. Für alle genannten Verkehrsträger gibt es jeweils eigene nationale Gefahrgut-Verordnungen (GGV):

Beim Gefahrguttransport werden die Fahrzeuge mit orangefarbenen Warntafeln gekennzeichnet.

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Einteilung der gefährlichen Güter

Nach einer Empfehlung der UNO (Vereinte Nationen) werden dei gefährlichen Güter in Gefahrenklassen eingeteilt. Es gibt neun Klassen und insgesamt 17 Unterklassen.
Den Gefahrgutklassen werden Gefahrzettel zugeordnet, die zwar nicht mit der Kennzeichnung nach der Gefahrstoff-Verordnung übereinstimmen, jedoch ähnliche Symbole tragen.

Klasse Bezeichnung
1 Explosive Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff unterteilt in die Unterklassen
1.1 Stoffe und Gegenstände, die massenexplosionsfähig sind.
1.2 Stoffe und Gegenstände, die die Gefahr der Bildung von Splittern, Spreng- und Wurfstücken aufweisen, die aber nicht massenexplosionsfähig sind.
1.3 Stoffe und Gegenstände, die bei ihrer Verbrennung beträchtliche Strahlungswärme freisetzen oder die nacheinander so abbrennen, dass eine geringe Luftdruckeinwirkung oder Splitter-, Sprengstück- oder Wurfstückwirkung oder alle Wirkungen gleichzeitig entstehen.
1.4 Stoffe und Gegenstände, die im Falle der Entzündung nur eine geringe Explosionsgefahr darstellt.
1.5 Sehr unempfindliche massenexplosionsfähige Stoffe
1.6 Extrem unempfindliche nicht massenexplosionsfähige Gegenstände
2 Verdichtete, verflüssigte oder unter Druck gelöste Gase mit den Unterklassen
2.1 Entzündbare Gase
2.2 Nicht entzündbare, ungiftige Gase
2.3 Giftige Gase
3 Entzündbare flüssige Stoffe
4 Entzündbare feste Stoffe mit den Unterklassen
4.1 Entzündbare feste Stoffe
4.2 Selbstentzündliche Stoffe
4.3 Stoffe die bei Wasserkontakt entzündliche Gase bilden
5 Brandfördernde Stoffe und organische Peroxide mit den Unterklassen
5.1 Entzündlich (oxidierend wirkende) Stoffe
5.2 Organische Peroxide
6 Giftige, ansteckungsgefährdende und ekelerregende Stoffe mit den Unterklassen
6.1 Giftige Stoffe
6.2 Ansteckungsgefährliche Stoffe
7 Radioaktive Stoffe
8 Ätzende Stoffe
9 Verschiedene gefährliche Stoffe oder Gegenstände

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Gefahren der Einsatzstelle